Computer-Magazin

 
DER BROCKHAUS multimedial 2001 oder premium 2001

Bezugsadresse: 

Bibliographisches Institut & F.A.Brockhaus AG
Dudenstr. 6, 68167 Mannheim 

Preise: 
Die ‚Normalversion’ kostet als DVD oder in Form von 3 CDs jeweils 99,- DM; die Premium-Version kostet als DVD oder 5-CD-Version je 179,- DM. 

Systemvoraussetzungen: 

Pentium-PC ab 133 MHz; Windows 95/98 mit 32 MB, Windows NT mit 48 MB oder Windows 2000 mit 128 MB RAM. Mindestens 200 MB Festplattenspeicher. 20-fach-CD-ROM-Laufwerk oder DVD, 16-Bit-Soundkarte und Graphikkarte mit 800 x 600 Pixel und 65 000 Farben (oder besser).

Programm-Umfang

Das Lexikon umfasst 98.000 Artikel mit 172.000 Stichwörtern, 120 (215) Videos und Animationen, 10,5 (11,5) Stunden Audioclips, 10.500 (13.000) Fotos und Illustrationen, 7.000 (14.000) kommentierte Web-Links und 8.600 Kartenausschnitte. Die hier in Klammern aufgeführte Premium-Version verfügt darüber hinaus über 1780 weiterführende Texte und 1000 Quellentexte. 
Neben der zentralen Lexikon-Suche-Funktion kann man sich auch auf einer Zeitleiste von der Altsteinzeit bis in die Gegenwart bewegen und den dort angelegten Verbindungen zu Lexikonartikeln nachgehen. Weiterhin gibt es drei verschiedene Quizformen, in denen man spielerisch seine Allgemeinbildung testen oder erweitern kann, eine Datenbank zu den olympischen Spielen in Vergangenheit und Gegenwart und – in der Premium-Version – Computeranimationen zur menschlichen Anatomie.

Programm-Beschreibung

In vieler Hinsicht ähnelt die Gestaltung dieses Lexikons der Encarta von Microsoft, dem digitalen Lexikon, das in diesem Felde wohl die neuen Maßstäbe gesetzt hat. Gleiches gilt auch für den vom Preis her etwas günstigeren Konkurrenten, das Bertelsmann-Lexikon, das es in einer Version von ca. 50,- und einer von ca. 100,- DM gibt. Auch dieses Lexikon weist Ähnlichkeiten zur Encarta auf. Den Nutzer mag das freuen: Konkurrenz belebt das Geschäft – und setzt auch Kreativität frei. 
In beiden Lexika, der Encarta wie dem Brockhaus, gibt es beispielsweise diese Zeitleiste; beide Lexika schließen eine Internet-Suche an und nutzen Internet-Links. Auch die Aufteilung der Inhalte in eine Textquellen-CD, die ins CD-Laufwerk eingelegt werden soll, und in CDs mit Medien- oder weiterführenden Daten ist ebenso vergleichbar wie das monatlich per Internet angebotene Update. 
Doch der neue digitale Brockhaus übertrifft die Encarta durchaus – und das nicht nur in quantitativer Hinsicht. Was an einem digitalen Lexikon verbesserbar scheint, wurde – mit Erfolg - zu verbessern gesucht. Man sollte dieses Statement nicht im Sinne des kategorischen Superlativs lesen, der die Software-Anbieter umtreibt, neueste Wissensvernetzungs- und Komplexitätsreduktions-Theorien oder –Ideologien von sich zu geben: Kleinigkeiten wurden verbessert – und zwar sinnvolle Kleinigkeiten, die das Stöbern in und das ganz gewöhnliche Arbeiten mit diesem Nachschlagewerk erleichtern und recht reizvoll machen. 

Der kürzeste Nachschlageweg 

Es wurde ein Navigationssystem entwickelt, das es neben den üblichen Suchverfahren auch gestattet, eine minimierte Version des Artikels oder Stichworts per Bildschirmlupe aus allen möglichen Anwendungen (Textverarbeitung, Datenbank etc.) heraus aufzurufen, ohne das Lexikon selbst zu starten. Durch Ziehen und Ablegen (drag and drop) zieht man eine Bildschirmlupe, die bei jedem Start von Windows eingerichtet wird, an das nachzuschlagende Wort -  und erhält während der normalen Schreib- oder Lesearbeit eine Kurzinformation zum gewünschten Wort, die bei Bedarf über die Schaltfläche „Mehr“ dann zum gewünschten Artikel, Bild oder Tondokument im Brockhaus selbst führt. Vermutlich rühren die 200 MB benötigter Festplattenspeicher aus dieser sehr sinnvollen Neuerung.
Verschiedene Suchmöglichkeiten, Treffer-Bewertung und „Wissensnetz“
   Bei der normalen Suche erscheint schon nach Eingabe weniger Buchstaben eine Liste mit Begriffen, in der – von Buchstabe zu Buchstabe wechselnd – der jeweils in der Liste nächstgelegene Begriff markiert wird. Gibt man beispielsweise kubr ein, so werden nacheinander die Stichwörter K, Kuala Lumpur, Kuba und Kubrick Stanley markiert. Den Artikel zu einem markierten Stichwort öffnet man mit der EINGABETASTE, sodass man die Begriffe nicht ausschreiben muss: Eine Kleinigkeit – aber immerhin! 

Man kann die Suche spezifizieren, kann die Suche nach bestimmten Kriterien (Medien, Personen, Zeiträume) einschränken oder Begriffe miteinander verknüpfen. 

Neben den Texten werden dann auch die  Medien zum Thema aufgelistet; wer diesen Medien nachgehen will, wird aufgefordert, eine bestimmte der drei (bei der Premium-Version fünf) CDs einzulegen. Die Suche-Treffer im Text-Bereich werden darüber hinaus mit Prozentzahlen bewertet. Die Suche nach dem Stichwort Roosevelt  ergibt drei mit höchster Relevanz (100 %) bewertete Artikel über Anna Eleanor, Franklin Delano und Theodore Roosevelt, daneben findet man u. a. einen Artikel über die Jaltakonferenz (31 %), an der Franklin D. Roosevelt teilnahm, sowie den Artikel über den Teddy[bär] (20 %), der nach Theodore „Teddy“ Roosevelt benannt wurde.
 

Neben dieser Relevanz-Bewertung der Lexikon-Artikel wird jeder Begriff in ein sogenanntes „Wissensnetz“ eingesponnen, ein Netz von kontextuellen Bezügen, die es ermöglichen, geradezu spielerisch zu verwandten Themen zu wechseln und sich den eigenen Weg durch die Kontexte zu suchen. Dieses Netzt – so erfährt man in der Programmbeschreibung wurde mithilfe hochkomplexer Programme und außergewöhnlich rechenstarker Computer generiert. Computer können den Sinn der Artikel nicht im menschlichen Sinne verstehen – und daher stößt man vereinzelt auch auf weniger gelungene Verknüpfungsvorschläge. Doch die bei weitem überwiegende Anzahl der Verbindungen gestattet ein recht reizendes Springen zwischen den Themen. 
 

Unterhaltsames: Die verschiedenen Quizformen
 
Die im Brockhaus realisierten Quizformen sind wohl Byproduct der „Wissensnetz“-Neuerung: Im ersten Fall, dem Lexikon-Quiz, hat man eine Mischung aus Multiple Choice und Lückentext umgesetzt. Der Lexikonartikel zu dem gesuchten Begriff ist Textgrundlage; der Begriff selbst und Wortformen, in denen er vorkommt, werden dabei - wie in Lückentexten – geschwärzt und unleserlich gemacht. Der Benutzer soll nun zwischen drei Multiple-Choice-Möglichkeiten wählen, welchen Begriff dieser Text beschreibt; er erhält eine Bestätigungs- oder Falsch-Meldung und zugleich eine Erklärung der drei verwandten Begriffe: Es macht einfach Spaß, sich in dieser einfachen Form, in der der Artikel-Kontext Hilfen bietet, durch die neun Wissensgebiete (von Technik bis Kunst) durchzuklicken. (Für Schüler allerdings ist das Erklärungsniveau leider zu hoch!) 
Im zweiten Fall, dem Wissensquiz, erhält der Benutzer keine Kontext-Hilfe; der Text-Artikel zum gesuchten Begriff wird hier nicht gezeigt. Der Benutzer soll eine Allgemeinwissensfrage aus den neun Wissensbereichen im MC-Verfahren beantworten – und erhält am Ende ebenfalls die Kurzerklärungen der drei angebotenen Antworten. 
Die dritte Quizform, das Audio-Quiz, verwendet die Audio-Dateien des Programms. Man wird nach Lesungen (aus literarischen Texten, z.B. Goethes „Prometheus“-Gedicht), nach Vogelstimmen, Nationalhymnen, Komponisten oder Musikrichtungen gefragt. 
Bei meinen Versuchen mit dieser Quizform stürzte das Programm allerdings häufig ab (nach Anklicken einer Antwort findet man sich auf dem Windows-Desktop wieder); erst durch Einsatz des CD-Brenner-Laufwerks als zweitem CD-ROM-Laufwerk ließ sich das Quiz in dieser Form passabel testen. (Im andern Fall hätten wohl Inhalte der CDs auf die Festplatte kopiert werden müssen; in den beiden DVD-Versionen dürften solche Fehler nicht auftreten.) 
 

Olympia-Datenbank und „Anima“

Die Olympia-Datenbank hingegen ist eher eine Enttäuschung: Sie beantwortet Fragen, wann wo welche olympischen Spiele waren, welche Sportler wie viele Medaillen errungen und in welchen Sportarten welche Länder wann gewonnen haben usw. und bietet Verbindungen zu den entsprechenden Lexikonartikeln. Das Ganze ist nur im Medium Text gehalten. 

Interessanter ist dann wiederum das Unterprogramm „Anima“, das es in der Premium-Version gibt. Dort gibt es ein digitales, animiertes (also nach allen Seiten drehbares) Modell des menschlichen Körpers (vom drehbaren Skelett, über das Modell der Organe und des Verdauungstrakts zum Nerven- und Muskelsystem etc.) In diesen Modellen kann man sich dann – sortiert nach der deutschen oder lateinisch-fachwörtlichen Bezeichnung - bestimmte Knochen, Muskeln, Nerven etc. zeigen lassen. Verbunden mit der Möglichkeit der Bildschirmkopie ist dieses Programm also auch für ein Unterrichten in Heil- und Pflegeberufen interessant. 
 

Verwendung des Programms im Unterricht oder als Medium für den Unterricht

Dieses Lexikon lässt sich in vielfältigen Formen auch im Unterricht einsetzen. Schüler können zum Beispiel Texte und Medien zu bestimmten Themen einsammeln und ausdrucken lassen, um sie im Klassenverband vorzulegen usw. Mit der Schaltfläche „Kopie“ kopiert man Texte oder Medienelemente (Bild, Karte, Tabelle) in die Zwischenablage und kann sie dann in andere Programmen – etwa Textverarbeitung – einfügen. Diese Funktion erlaubt es, recht ansprechende Arbeitsblätter usw. mit wenig Aufwand zu erstellen; und diese Möglichkeiten interessierten meine abH-Schüler in hohem Maße. Bei Referaten etwa kann man sich in dieser Form sehr schnell eine Grobstruktur erstellen, die dann nur noch reformuliert werden muss. 

Fazit

Das Programm ist für einen Einsatz in berufs- und allgemeinbildenden Schulen, in abH und BüE unbedingt empfehlenswert. In den meisten Fällen dürfte dabei die ‚Normalversion’ (Brockhaus multimedial 2001) reichen; die Premium-Version bietet – gemessen an der Preisdifferenz – zu wenig, was ihre Anschaffung für einen normalen Schulbetrieb rechtfertigen könnte. 

Rainer Scherf

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