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„Interaktives
Lernprogramm für das Berufsfeld Gartenbau“
Anbieter: Jugendaufbauwerk
Schleswig-Holstein
Medienpädagogischer
Fachdienst
Steinberg 3 / 4
24306 Plön
Tel.: 04522 / 760620
Fax: 04522 / 760622
E-Mail: MD-JAWSH@t-online.de
Beabsichtigter Verkaufspreis:
79,- DM
Systemvoraussetzungen:
Multimedia-PC mit Windows
3.1x oder WIN 95 / 98
CD-ROM-Laufwerk (Laufwerksbuchstabe
d bis e)
Graphik mit mehr als 256
Farben (High- oder True-Colour) und 640 * 480 er Auflösung
Soundkarte und Lautsprecher
Installation und Programmaufruf:
Das Programm wird direkt
von der CD gestartet. Eine Installation über das Kopieren der Dateiordner
von der CD ist nur erforderlich, wenn der Laufwerkbuchstabe des CD-Laufwerks
größer als E: ist, weil das Programm in diesem Fall die dazugehörigen
Bilder und Sounds nicht findet.
Das Programm wird in Windows
3.1x mit dem Dateimanager und „Ausführen“ oder in WIN 95 / 98 mit
„Ausführen“ gestartet. Man wählt dabei im Unterpfad „multi_4
des CD-Rom-Laufwerks (etwa: d:\ multi_4) die Datei „multi_4“).
Nach dem Programmaufruf
erscheint ein Bildschirm, bei dem man sich auf die Funktionen „Ablaufprogramm“
und „Ende“ beschränken sollte, da die anderen Funktionen dieses mitgelieferten
Autorensystems nicht eingebunden sind. ((Man könnte also, so man will,
mit dem „Programm-Generator“ eigene Themen hinzufügen oder erstellen.))
Nach Anklicken der Funktion
„Ablaufprogramm“ erscheint ein Bildschirm, auf dem man die Ablauf-Textdatei
„Garten1.txt“ anwählen muß. Dann startet das Programm.
Programmbeschreibung:
Dieses tutorielle Lernprogramm
ist für lernbeeinträchtigte Jugendliche konzipiert. Sehr behutsam
werden sie an das Thema „Topfpflanzenkultur“ ‚herangeführt‘. Die Reihenfolge
der Unterthemen „Aussaat“, „Pikieren“ und „Eintopfen“ entspricht der Reihenfolge
der Arbeitsvorgänge; innerhalb eines jeden Einzelthemas entspricht
die Reihenfolge der Fragen der Reihenfolge der einzelnen Arbeitsschritte.
Die pädagogische Führungsmethode ist ‚fragend-entwickelnd‘; die
Anforderungen an die Jugendlichen sind dabei recht gering. Alle Seiten
des Programms basieren auf schriftlichen Texten; doch überall gibt
es Bilder und gesprochene Texte dazu: Ein Lernen über mehrere Kanäle
ist also recht gut umgesetzt.
Hinzukommt, daß der
Azubi mit dem Programm interagiert und dabei zwangsläufig das ihm
eigene Lerntempo einschlägt: Er beantwortet Fragen und erhält
für jede richtige Antwort eine positive Bestätigung, sei es dadurch,
daß ein Photo einer Lehrerin oder eines Lehrers aufgerufen wird,
die ihn in einem gesprochenen Text loben, sei es in einer schriftlichen
Bestätigungsmeldung. Die Fragen sind sehr einfach gehalten, bei dieser
ausführlichen Form einer Vermittlung über drei Kanäle vielleicht
sogar auch für diese Lernergruppe etwas zu einfach: Bei Multiple-Choice-Fragen
kommt beinahe immer nur die richtige Antwort in Frage, da die anderen Antworten
ein wenig zu sehr kreativer Unsinn sind, bei Multiple-Choice-Antworten
mit zwei Möglichkeiten hat das Programm den Fehler, daß bereits
bei der ersten richtigen Antwort die Bestätigungsseite erscheint –
und danach, ohne daß noch nach der zweiten gefragt würde, weitergegangen
wird. Es gibt zwei Lückentext-Varianten: In einem Fall soll die Schülerin
oder der Schüler mit der Return-Taste den richtigen Begriff, der in
die Lücke des Textes paßt, wählen und mit der Leertaste
bestätigen – auch hier sind die ‚falschen Antworten‘ für dieses
kleinschrittige Verfahren zu eindeutig ‚falsch‘ – oder sie oder er soll
schwierigere Wörter, die vorher in der Lücke stehen und im Text
vorgelesen werden nachschreiben. Etwas größer werden die Anforderungen
lediglich in den Bild-Zuordnungsfragen: Dort sollen die Schüler etwa
die Werkzeuge, die man zu einem Arbeitsgang benötigt, anklicken –
und diese Klickvorgänge werden akustisch kommentiert (Nebenbei: Gerade
dort macht eine Option „Ton aus“ keinen Sinn, weil der Ton für diese
Seiten unverzichtbar ist!)
Eine Kritik an diesem
Programm ...
Die ‚tutorielle‘ Pädagogik,
die hier umgesetzt wurde, finde ich – mit den oben genannten Abstrichen
– gut und gerade in diesem Bereich der Arbeit mit lernbeeinträchtigten
Jugendlichen nachahmenswert! Allein die technische Basis dazu ist es nicht.
Überall – und vor allem bereits auf der ersten Menüseite - gibt
es Optionen, die nicht ausgeführt sind: Den Programm-Aufruf kann man
als Lehrer deshalb nicht dem Schüler selbst überlassen! Auch
in den Themen- und Unterthemen-Seiten ist allzuviel Unausgeführtes:
Etwa wenn das Autorensystem verschiedene Sprachen anbietet aber nur eine,
„Deutsch“ eben, belegt, oder wenn eine Funktion „Index“ immer nur zu einer
Fehlermeldung führt und auch eine Funktion „Hilfe“ nur in seltenen
Fäl-len zu zusätzlichen Erläuterungen führt. Das mag
alles an dem gewählten Autorensystem, das für andere Anwendungsbereiche
konzipiert ist, liegen: Es hat jedoch den Nachteil, daß ein ‚entdeckendes
Lernen‘ hier in die Irre geführt wird. Doch auch das ist nicht so
schlimm, da es mit einer kurzen Erklärung des Lehrers zu diesem Programm
aus der Welt geschafft werden kann.
Auch der zweite Kritikpunkt
betrifft das Autorensystem: Mir fehlt das, was ich die kleinen Aufmerksamkeitsstifter
nenne, also etwa der über eine Animation auf die Seite ‚hineinsegelnde‘
Text, der originelle Seitenwechsel. Mir fehlt die dosierte, unscheinbare
und entsprechend unbewußt, ohne Aufmerksamkeitsverlust wahrgenommene,
eine Aufmerksamkeit lenkende Bewegung auf dem Bildschirm. Alle Seiten sind
‚statisch‘, erscheinen und verschwinden! Andererseits erschiene mir eine,
auch mit den Mitteln dieses Autorensystems umsetzbare andere Überlegung
bedenkenswert: Gerade in diesem Themenfeld mit sehr großem Praxisbezug
bietet sich die ‚Bildergeschichte‘ – etwa in ihrer Standard-Version vom
Azubi, ob männlich oder weiblich, der mit dieser Aufgabe beauftragt
wird, und schaut, wie er zurande kommt – geradezu an. Ein emotionaler Wiedererkennungseffekt,
ein Tua res agitur, wäre größer!
Der dritte und wichtigste
Kritikpunkt betrifft jedoch den Umfang des Programms: Für einen geplanten
Preis von 79,- DM ist das zu wenig. Da müßte mindestens noch
ein zweites, ähnlich gut aufbereitetes Thema aus diesem Beruf oder
vielleicht sogar noch ein drittes erscheinen...
... und das schlechte
Gewissen zu dieser Kritik
Allein: Eine solche Kritik
kann man nur mit äußerst schlechtem Gewissen von sich geben,
gerade so, als sei das Erreichte, derart am möglich Scheinenden gemessen,
nicht seinerseits schon mit sehr viel Mühe – und Liebe – erreicht
worden; oder gerade so, als sei das möglich Scheinende unter Marktbedingungen
nicht tatsächlich nur scheinbar möglich: Auf dieser Seite werden
bekanntlich ganz andere Zahlen gehandelt, etwa wenn man davon ausgeht,
daß professionell gemachte Programme Investitionskosten von 20 bis
40.000,- DM pro Nutzungsminute erfordern. Das Erstellen von Lernprogrammen
gerade für diesen Bereich der Benachteiligtenförderung ist teuer,
zeitaufwendig, meist unzureichend gefördert, wegen des Copyrights
auf ein eigenes Produzieren angewiesen, das den Profis im verwandten Felde
schlicht nicht hinterherkommen kann. Wenn annähernd gleichzeitig bei
ALDI eine proppe-volle Gartenplanungs-CD für ca. 13,- DM für
die sehr viel größere Zielgruppe der Hobbygärtner und derer,
die es bei diesem Preis vielleicht irgendwann einmal werden wollen, vertrieben
wird, mit sehr vielen Animationen zu Pflanztips, einem Pflanzenlexikon
mit Top-Photos usw., verdeutlicht dies das Problem: Die Autorensysteme
– und durchaus bessere als das hier gewählte – sind zu erschwinglichen
Preisen vorhanden! Auch engagierte Lehrer, sei es in, sei es außerhalb
solcher Projekte, die sie nutzen wollen, gibt es genug... Es müßte
in einem jeden Berufsfeld – und zumal in den Handwerksberufen, hinter denen
keine Großbetriebe mit ihren zahlreichen Möglichkeiten stehen,
die aber dennoch den Löwenanteil der Ausbildungsplätze stellen
- Datenbanken etwa mit Photos, Videos und fachbezogenen Animationen usw.
geben, auf deren kreatives Potential solche durchaus sehr kreativen Einzelprojekte
ohne größere Copyright-Schwierigkeiten zurückgreifen könnten,
sei es in der Form, daß die einschlägigen Verlage ihre Materialien
für solche Projekte zur Verfügung stellten, sei es dadurch, daß
sich die Kammern oder Arbeitsämter dieses Problems annähmen:
Die jeweiligen EinzelkämpferInnen in den Projekten sind damit überfordert;
eine Grauzone der Unterwanderung des Copyrights etwa über das Kopieren
solcher potentiellen ‚Bauteile‘ aus den vorhandenen, billigeren Programmen
oder über das Einscannen von Bildern und Texten aus fachbezogenen
Büchern ist nicht wünschenswert: Mögliche Veröffentlichungsabsichten
finden hier ihr frühes Ende! Dabei stellt das begrenzte Teilgebiet
der Benachteiligtenförderung ja in keiner Form eine Konkurrenz etwa
für den Vertrieb der üblichen Berufschulmedien dar: Gerade die
Tatsache, daß deren Niveau bisweilen bereits dem guten Hauptschüler
Schwierigkeiten macht und daß andererseits eine Zielgruppe ‚Lernbeeinträchtigte‘
für keinen Verlag interessant ist, führt ja dazu, daß diese
Jugendlichen auch nur mit Medien versorgt werden, die sie bei weitem überfordern!
Andererseits: Welcher Träger in der Benachteiligten-Förderung,
welcher Betrieb, welche Lehrwerkstatt kann und - vor allem – will sich
heutzutage eine – mit Sicherheit bereits weit unter den Herstellungskosten
– angebotene CD für 79,- DM anschaffen, auf der nur ein Thema mit
einer erwartbaren Nutzungsdauer pro Azubi von ca. 40 bis 60 Minuten behandelt
wird. Es ist schon ein Kreuz! (Rainer Scherf)
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